Entschlossen, ein morgendliches Bad in den Lavapools zu nehmen, packe ich meinen Rucksack. Meine Wanderverabredung ist aus logistischen Gründen geplatzt, also habe ich etwas Zeit. Während ich meinen letzten Pastel de Nata am Meer mampfe, verlässt mich die Überzeugung, ins Meer zu hüpfen, allerdings recht schnell. Ganz schön frisch draußen. Naja, immerhin gab es Frühstück im Freien.
Zurück im Zimmer checke ich noch einmal meine Route. Sieht so aus, als müsste ich tatsächlich diesen super steilen Berg von gestern hochfahren. Das kann ja was werden…
Das Auto ist schnell gepackt, und schon bald schraube ich mich die Serpentinen hoch. Zum Glück biege ich ab, bevor es richtig steil wird. Mit der zunehmenden Höhe wird es auch zunehmend bewölkt, und die Sichtweite nimmt ab. Auf einmal steht eine Kuh auf der Straße. Mit einem großen Bogen umfahre ich sie. Es soll nicht die letzte bleiben. Wie Ziegen klettern sie in der Böschung herum und mampfen vor sich hin. Nach der nächsten Kurve kommt mir eine Kuh entgegen gelaufen. Mit gesenktem Kopf und langen Hörnern. Will die jetzt mein Auto angreifen? Verunsichert bleibe ich stehen. Mein Gegenüber wird zum Glück langsamer und trabt dann mit argwöhnischem Blick an mir vorbei. Spooky.
Beim nächsten Aussichtspunkt bleibe ich stehen und lasse die kalte Luft durch meine Lungen strömen. Auch wenn alles wolkenverhangen ist, ist die Aussicht dennoch wunderschön.
Nach einer Dreiviertelstunde erreiche ich den Parkplatz für meine heutige Wanderung: PR6 – 25 Fontes & Levada do Risco. Die Strecke führt durch den Laurisilva-Wald, ein UNESCO-Weltnaturerbe. Sie folgt den historischen Bewässerungskanälen, den sogenannten Levadas, und bietet beeindruckende Ausblicke auf Wasserfälle und üppige Vegetation. Die Route ist bekannt für ihre atemberaubenden Landschaften, die Vielfalt der Pflanzenwelt und die ruhige, naturbelassene Umgebung, was sie zu einem der beliebtesten Wanderwege auf Madeira macht. Der Parkplatz in Rabaçal liegt etwa auf einer Höhe von 1.200 Metern. Von hier aus hat man schon einen beeindruckenden Blick auf die umliegenden Berge und Täler. Es ist nicht sehr voll, allerdings tauchen einige Kleinbusse mit Wandergruppen auf. Damit muss man auf der Strecke rechnen, aber ich habe trotzdem wenig Lust darauf und marschiere zügig los.
Levada do Risco
Vom Parkplatz aus führt ein breiter, asphaltierter Weg hinab zum Rabaçal-Tal. Dieser Abstieg dauert etwa 15-20 Minuten und bietet atemberaubende Ausblicke auf die grüne Landschaft. Es gibt auch einen Shuttle-Bus, der Wanderer hinunter zum Forsthaus bringt, wenn man den Abstieg vermeiden möchte. Dieses ist aber sowieso noch geschlossen und alles ist nass vom Regen. Vom Forsthaus aus folge ich der Levada do Risco. Diese Levada führt zu einem beeindruckenden Wasserfall, dem Risco-Wasserfall, der in eine steile Felswand stürzt. Der kleine Tunnel ist leider gesperrt. Mein persönliches Highlight ist eine kleine Maus, die auf dem Hinweg schon am Wegesrand umher geflitzt ist. Auf dem Rückweg bleibe ich stehen und beobachte sie etwas. Sie ist genauso neugierig wie ich und klettert sogar auf meinen Schuh, um meine Schnürsenkel zu inspizieren. Der Weg entlang der Levada ist gut gepflegt und bietet wunderschöne Ausblicke auf die umliegenden Täler und Schluchten.
Die 25 Quellen (25 Fontes)
Dann nehme ich den Weg entlang der Levada das 25 Fontes. Dieser Abschnitt der Wanderung führt durch einen dichten, grünen Lorbeerwald (Laurisilva), der Teil des UNESCO-Weltnaturerbes ist. Die Vegetation ist üppig und vielfältig, und der Weg entlang der Levada ist oft schmal und erfordert Aufmerksamkeit. Der Höhepunkt der Wanderung ist das Becken der 25 Quellen. Dieses Becken wird von zahlreichen kleinen Wasserfällen gespeist, die von den umgebenden Felsen herabstürzen. Es ist ein idyllischer Ort, der zum Verweilen und Genießen einlädt. Die Vögel hier sind auch sehr zutraulich, und mit etwas Geduld (und Futter) kommen sie Menschen sehr nahe. Es gibt eine Art Einbahnstraßensystem, damit es an den Engstellen nicht kniffelig wird. Versteht aber nicht jeder.
Ich wähle einen parallel laufenden Weg zur Hauptroute zurück zum Forsthaus und genieße die Ruhe. Am Forsthaus angekommen gönne ich mir ein Stück wirklich guten Zitronenkuchen und eine Cola. Die Krümel holen sich die frechen Spatzen, sogar aus meiner Hand! Es gibt hier auch Toiletten, allerdings höre ich aus den Gesprächen der anderen Gäste nicht allzu viel Gutes darüber und teuer sind sie auch noch.
Lagoa do Vento
Zum Wasserfall Lagoa do Vento, den ich zusätzlich noch einbaue, geht es steil und zum Teil über große Stufen nach unten. Der lehmige Boden ist stellenweise etwas rutschig. Am Wasserfall bin ich fast allein. Der Aufstieg ist anstrengend. Stufen und noch mehr Stufen. Mir kommt ein Paar entgegen, das besorgt fragt, ob der Weg die ganze Zeit so weitergeht. Ich rate ihnen, nicht unbedingt zum Wasserfall hinabzusteigen, wenn ihnen die Stufen Schwierigkeiten bereiten, und stattdessen nur die 25 Fontes zu machen. Auf dem Weg nach oben finde ich einen kleinen Felsen, auf den ich für eine kurze Rast klettere. Und da oben finde ich noch etwas ganz Tolles: Sonne! Ohne die grauen Wolken sieht die Insel noch viel beeindruckender aus. So habe ich mir das vorgestellt! Zufrieden genieße ich das letzte Stück zum Parkplatz, die beeindruckenden Ausblicke und die frische Bergluft machen den Aufstieg lohnenswert. Unterwegs sehe ich noch eine sehr putzige, flauschige Ratte und Fische in der Levada. Richtiger Tierausflug heute. Zurück am Parkplatz bin ich überrascht, wie voll es geworden ist. Selbst am Straßenrand steht ein Auto hinter dem nächsten, und es wirkt leicht chaotisch. Zum Glück war ich zeitig hier.
Fazit
Die Wanderung auf dem PR6 – 25 Fontes & Levada do Risco ist ein unvergessliches Erlebnis. Sie bietet eine Mischung aus Abenteuer, Naturschönheit und Ruhe, die typisch für die Wanderungen auf Madeira ist. Egal, ob man ein erfahrener Wanderer oder ein Naturliebhaber ist, diese Route sollte auf der Liste eines jeden Besuchers der Insel stehen.
Wichtige Hinweise und Tipps
- Ausrüstung: Gute Wanderschuhe sind ein Muss, da der Weg stellenweise steil und rutschig sein kann. Auch ein Regenmantel ist ratsam, da das Wetter in den Bergen schnell umschlagen kann und viel Wasser von den Berghängen plätschert.
- Wasser und Verpflegung: Es gibt unterwegs keine Möglichkeit, Wasser oder Snacks zu kaufen. Dennoch sollte man genügend Wasser mitnehmen.
- Sicherheit: Der Weg ist größtenteils gut markiert und gepflegt, aber man sollte immer aufmerksam bleiben, besonders entlang der schmalen Levadas und bei feuchtem Wetter.
- Zeitplanung: Die gesamte Wanderung dauert etwa 3-5 Stunden, je nach Tempo und Pausen. Man kann die Strecke bestimmt auch anders kombinieren. Ich habe versucht, möglichst viel zu sehen. Meine Route war 14,5 km lang, hatte 480 m Aufstieg und ich war 4,5 h unterwegs. Im Detail war das: PR 6/6.1 zum Forsthaus, dann PR 6.1 Levada do Risco, zurück, dann über den PR 6 zu den 25 Fontes, die untere Schleife davon zum Forsthaus, über den PR 6.3 Lagoa do Vento und über den PR 6.2 zurück zum Parkplatz.
Ponta do Sol
Für mich geht es weiter in den (hoffentlich) sonnigen Süden der Insel. Nach kurzer Zeit erreicht man eine Abzweigung, die auf eine Schnellstraße führt. Diese Straße führt in Serpentinen hinunter zur Küstenstadt Calheta. Die Straße ist gut ausgebaut und bietet spektakuläre Ausblicke auf das Meer und die Küste Madeiras. Calheta ist bekannt für seinen künstlichen Sandstrand und den modernen Yachthafen. Von hier führt die Straße durch mehrere kleine Dörfer und bietet malerische Ausblicke auf den Atlantischen Ozean. Man fährt durch Ortschaften wie Madalena do Mar, das für seine Bananenplantagen bekannt ist. Nach etwa 20 Kilometern erreicht man Ponta do Sol, eine charmante kleine Stadt an der Südküste Madeiras. Ponta do Sol ist bekannt für sein mildes Klima, die schönen Sonnenuntergänge und die malerische Altstadt. Die Navigation in der Stadt ist so semi, und so biege ich ein paar Mal falsch ab, bevor ich mitten auf der Promenade lande.
Mein Hotel hat zum Glück ein (sehr enges) Parkhaus. Das mit dem Parken gestaltet sich nämlich als äußerst schwierig, da alles voll mit Weihnachts-Klimbim ist.
Ich checke in mein Zimmer ein, der Ausblick ist traumhaft. Meer und Palmen. Dann schlüpfe ich in meinen Bikini und plansche etwas im Innenpool herum, der direkt an der Info ist, das ist etwas merkwürdig. Anschließend geht es noch eine Runde in die Sauna, dann bin ich bereit, den Ort zu erkunden.
Zum Sonnenuntergang klettere ich auf die Wellenbrecher, die eine Lagune bilden. Meine Gefühle machen eine Achterbahnfahrt aus Freiheit und Einsamkeit. Zum Essen gehe ich in eine Strandbar und werde erstmal ignoriert. Anscheinend denken die Angestellten, dass ich warte. Als ich dann endlich eine Karte bekomme, stelle ich fest, dass dort nichts Vegetarisches zu finden ist. Kurz fühle ich mich überfordert, aber dann frage ich einfach und bekomme ein sehr leckeres Pilzrisotto. Ein paar Leute wollen morgen gemeinsam die Sonnenaufgangstour zum Pico machen. Mit Weihnachtsmützen. Mein Versuch ist ja leider etwas fehlgeschlagen, aber das ist das erste richtige Hotel mit Frühstück, was ich mir gegönnt habe, und irgendwie habe ich keine Lust, am nächsten Morgen ohne Frühstück so früh am Berg zu sein. Am nächsten Tag werde ich das allerdings noch bereuen. Nach dem Essen gönne ich mir noch einen nicht ganz so guten Poncha, bevor ich mich in das Weihnachts-Wonderland begebe. Alles leuchtet und blinkt in jeder erdenklichen Farbe. Immer wieder höre ich vor allem Deutsche, die sich darüber amüsieren. Und auch ich finde es irgendwie bizarr. Ich hole mir noch ein Eis und schlendere durch die kleinen Gassen der Stadt, bevor es ins Bett geht.
No responses yet