Als um halb sieben der Wecker klingelt bin ich hellwach und blicke nervös auf mein Handy. Alles soweit in Ordnung. Sofern man das so nennen kann.

Wir frühstücken auf einer Bank vor dem Duschhaus – einen Aufenthaltsraum gibt es leider nicht. Auch wenn es noch recht kühl ist; der Wetterbericht verspricht Sonne.

Die Zelte sind schnell zusammengepackt und wir machen uns früh auf den Weg. Beziehungsweise auf die Suche nach dem Weg. Wir haben zwar eine Richtung, allerdings lässt sich durch das Schwemmland kein Pfad ausmachen. Steine hüpfend kommen wir nur langsam voran. Zwei Bäche müssen wir auch ünerqueren. Dann finden wir aber doch den schmalen Pfad auf der linken Seite des Loch Sligachan. Und verlieren ihn auch wieder. Auf einmal müssen wir uns steil berghoch durch hüfthohen Farn kämpfen. Wie konnte das passieren?

Kurz darauf erreichen wir schon das erste Highlight. Ein etwas versteckter Wasserfall! Natürlich machen wir einige Bilder und eine kleine Pause schadet ja sowieso nicht.

Wir folgen dem Fjord in Richtung Peinchorran. Dort soll es eine übergroße Bank geben – unser Ziel für die Mittagspause. Irgendwie finden wir aber auch die nicht und so trotten wir durch den kleinen Ort, der eine reine Wohnsiedlung zu sein scheint. Wir kommen an eine Halbinsel und dies ist der perfekte Pausenplatz! Es gibt ein Gatter an dem wir unsere Zelte zum Trocknen aufhängen. Ich hole meinen Kocher raus und klettere noch ein Stück weiter auf die Halbinsel und koche mir eine Tassensuppe. Während ich gedankenverloren auf das Wasser starre, schleicht sich die Unruhe wieder ein. Zuhause bleibt alles kompliziert – und doch gibt mir der Gedanke an morgen etwas Halt: Gehen, einfach nur weitergehen.

Wind und Sonne lassen unsere Sachen schnell trocknen und wir folgen der Straße weiter in Richtung Portree. Eigentlich könnte man hier schnell vorankommen, aber die Brombeerbüsche am Straßenrand laden immer wieder zum Naschen ein. Die Sonne meint es gut mit uns und schon bald werden die Füße vom gehen auf dem Asphalt schwer wie Blei. Genau wie die Last auf meinen Schultern. Vom Straßenrand aus konnten wir ihn schon erahnen, den Old Man of Storr, diesen markanten Felsmonolithen, der morgen unser Ziel sein wird. Seine hoch aufragenden Spitzen scheinen fast außerirdisch – und wecken eine Mischung aus Ehrfurcht und Vorfreude.

Trotz der guten Aussicht zieht sich der Tag ganz schön und irgendwann lassen wir uns erschöpft am Straßenrand ins Gras fallen. Jetzt heißt es erst mal: Schuhe aus, tief durchatmen – und Müsliriegel snacken..

Hinter der Brücke bei Peinmore biegen wir rechts ab und verlassen endlich die Straße. Es geht erst durch einen kleinen Wald und dann durch ausgetrocknetes Schwemmland. Mit jedem Schritt knirschen die Muscheln unter unseren Füßen, die sich vom fast schwarzen Boden stark abheben – ein seltsam karger, stiller Abschnitt des Weges.

Portree

Und dann sehen wir Portree: die bunten Häuser schmiegen sich an die geschützte Bucht, der kleine Hafen scheint voller Leben – Fischerboote schaukeln sanft im Wasser. Nach all den Kilometern fühlt sich die Stadt fast unwirklich an, wie ein kleines Paradies zwischen Hügeln und Klippen

Nach 19 km und knapp 200 Höhenmetern erreichen wir unser Hostel und da es noch relativ früh ist, erkunden wir nach dem Check-in noch etwas den Ort. In einem gut sortierten Outdoor-Geschäft gibt es ein neues Langarm-Shirt für mich und Trekkingstöcke für Katrin. In der Apotheke decke ich mich noch mit Medikamenten gegen die doch sehr hartnäckige Erkältung ein. Ich telefoniere noch nach Hause, die Lage ist weiterhin schwierig. Ich weiß nicht was richtig ist, beschließe aber, den Trail fortzusetzen. Im Supermarkt decken wir uns mit Lebensmitteln für die nächsten Tage ein, dann gehen wir zurück ins Hostel, suchen die am wenigsten stinkenden Sachen und ziehen an und machen uns anschließend auf die Suche nach einem Restaurant. Das erweist sich aber als äußerst schwierig, da der Ort rappelvoll ist. Wir finden nirgends einen freien Tisch. Also landen wir wieder im Supermarkt und kaufen Sachen zum kochen ein, die wir dann in der Hostelküche zubereiten.

Als ich schließlich müde ins Bett sinke, denke ich zurück an den Tag. Die Brombeeren, der Farn, der Blick auf den Old Man of Storr – morgen werde ich ihm näher sein. Vielleicht hilft mir das Gehen, auch meinen Gedanken ein wenig mehr Richtung zu geben.

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