Bereits zum Sonnenaufgang bin ich am Strand und genieße die Ruhe – ich bin fast allein hier. Nachdem ich die kühle Morgenluft in mich aufgesaugt habe, gehe ich ausgiebig frühstücken. Dann heißt es wieder: Packen und ab ins Auto. Heute fahre ich in die Hauptstadt Funchal.
Cabo Girão
Nach 20 Minuten erreiche ich den Cabo Girão Skywalk, den ich als Zwischenstop eingeplant habe. Es gibt genügend freie Parkplätze, allerdings hatte ich nicht mit einer Zutrittskontrolle gerechnet. Zwei Euro Eintritt kostet es, wenn man den Skywalk betreten möchte. Das Cabo Girão ist das höchste Kap Europas – 580 m hoch.
Ich stehe auf dem Skywalk und blicke auf das funkelnde Meer, das weit unter mir in der Sonne glitzert. Die Glasplatte unter meinen Füßen gibt mir das Gefühl, direkt über dem Abgrund zu schweben, als ob ich in der Luft hängen würde. Der Wind rauscht leise um mich herum, während ich den endlosen Ozean bewundere, der sich bis zum Horizont erstreckt. Die Klippen unter mir fallen steil ab, und die weißen Wellen schlagen sanft gegen die Felsen, ein beruhigender Kontrast zu der schwindelerregenden Höhe.
Anschließend stöbere ich noch durch den Souvenirshop, hier gibt es viel Ramsch, aber auch einen Bereich, in dem handgemachte Dinge verkauft werden. Ich liebäugel mit einer Tasche, gehe aber dann doch mit leeren Händen zurück zum Auto.
Funchal
In Funchal angekommen parke ich mein Auto in einem Parkhaus in der Nähe meiner Unterkunft, hier soll es auch für die nächsten Tage stehen bleiben. 15 € pro Tag. Da ich mein Zimmer noch nicht beziehen kann, schlendere ich durch die belebte Stadt. Ich lasse mich treiben, schlendere durch die Straßen, in der bereits die Vorbereitungen für den Abend laufen – es ist Nacht der Märkte. Ich komme an einen kleinen Platz auf dem eine Gruppe Musiker in Weihnachtspullis Musik spielen. Die Zuschauenden haben gute Laune, klein und groß tanzt und singt mit. Ich lasse mich anstecken. Am Hafen hole ich mir ein Eis und betrachte etwas skeptisch die großen Kreuzfahrtschiffe.
Mit der Gondel fahre ich hinauf nach Monte. Monte ist ein höher gelegener Stadtteil von Funchal und ein beliebtes Touristenziel aufgrund seiner schönen Gärten, Kirchen und der berühmten Korbschlittenfahrten. Die Gondelfahrt bietet atemberaubende Ausblicke auf die Stadt, den Hafen und das umliegende Meer. Hier ist für mich aber noch nicht Ende. Eine zweite Gondelbahn fährt von Monte weiter hinauf nach Jardim Botânico. Der Jardim Botânico (Botanischer Garten) von Madeira ist bekannt für seine umfangreiche Sammlung einheimischer und exotischer Pflanzen sowie die beeindruckende Aussicht auf Funchal und den Atlantik. Für den Eintritt bin ich aber irgendwie zu geizig und so setze ich mich einfach auf die Terrasse des dazugehörigen Cafés, trinke einen Kombucha und genieße die Aussicht auf Funchal und die wärmenden Sonnenstrahlen. Hier oben ist es nämlich doch recht kühl. Mit der Gondel geht es zurück nach Monte. Hier wartet ein Highlight auf mich: ein Korbschlittenfahrt!
Eine Schlittenfahrt bei 20°C
Mit einem mulmigen Gefühl steige ich in den Korbschlitten in Monte. Die Unsicherheit kriecht langsam in meinen Magen. Der Schlitten, aus Weidengeflecht und auf hölzernen Kufen ruhend, sieht robust aus. Die beiden Fahrer, traditionell in weißen Kleidern und Strohhüten gekleidet, nehmen ihre Positionen ein. Sie greifen die Seile am Schlitten und schenken mir ein ermutigendes Lächeln. Plötzlich geht es los. Der Schlitten gleitet über das Kopfsteinpflaster, schneller und schneller. Die Fahrt beginnt mit einem Ruck, der mich in den Sitz presst. Ich halte mich fest, während die Welt um mich herum verschwimmt.
Die Schlittenkufen kratzen und rasseln über die Steine, und der Wind rauscht in meinen Ohren. Ich sehe die Landschaft an mir vorbeiziehen: die kleinen weißen Häuser mit ihren bunten Blumentöpfen, die grünen Hügel im Hintergrund. Die Fahrer manövrieren geschickt durch die engen Kurven. Es fühlt sich an wie eine wilde, improvisierte Tanznummer, bei der jede Bewegung präzise geplant ist. Trotz des anfangs mulmigen Gefühls merke ich, dass ich immer ruhiger werde. Der Nervenkitzel lässt nach, und ich beginne, die Fahrt zu genießen. Die Geschwindigkeit ist nicht mehr so beängstigend, sie ist fast beruhigend, wie das Schaukeln eines Bootes auf ruhigem Wasser. Ich bin allein im Schlitten, und vor mir erstreckt sich die leere Straße. Kein anderes Gefährt behindert den Weg. Nach einer Weile, die sowohl kurz als auch endlos scheint, verlangsamt sich der Schlitten. Die Fahrer bringen ihn mit gekonnten Bewegungen zum Stehen. Ich steige aus und merke, dass das mulmige Gefühl verschwunden ist. Die Fahrt war letztlich unspektakulär, eine sanfte Mischung aus Aufregung und Gelassenheit. Ich lächle und bedanke mich bei den Fahrern. Die Erfahrung war vielleicht nicht das große Abenteuer, das ich erwartet hatte, aber sie hinterlässt dennoch eine zufriedene Ruhe in mir.
Christmas Lights
Geschickt weiche ich den tüchtigen Fotoverkäufern und Taxifahrern aus und nehme den Bus zurück in die Stadt. Ich muss keine fünf Minuten warten, perfektes Timing! Dann mache ich mich auf die Suche nach einer Apotheke um Reisetabletten zu kaufen, allerdings bin ich dazu zu spät dran. Nachdem ich einige Einkäufe erledigt habe, gehe ich zurück zum Auto, um meine Sachen zu holen. Das Hostel, das ich gebucht habe, ist wirklich gut gelegen, allerdings läuft der Self-check-in etwas holprig, ich finde meine Zugangsdaten nicht. Das Zimmer ist eher spärlich eingerichtet und alles riecht etwas muffig. Naja, für eine Nacht reicht es. Ich verabrede mich mit einer Gruppe für den Abend und bestehe darauf, dass wir Weihnachtsmützen tragen. Nachdem ich die traumhaften Bilder von der Pico to Pico Wanderung heut morgen gesehen habe, will ich nun auch endlich mit meiner Mütze rumlaufen. Sicherheitshalber mache ich mir in der ziemlich heruntergekommenden Küche noch etwas zu essen.
Tatsächlich bin ich aber die einzige in der Gruppe, die dann mit Weihnachtsmütze kommt. Später bin ich froh drum, ich bin nämlich doch etwas zu dünn angezogen. Wir nehmen erst ein paar Getränke an einer Bar mit Livemusik ein, dann teilt sich die Gruppe. Wir gehen durch die Stadt, durch die Markthalle, An manchen Ständen wird Obst verkauft, dass ich vorher noch nie gesehen habe. Ich probiere verschiedene Poncha-Sorten, von denen nicht alle mein Fall sind. Ich bin halt doch kein großer Fisherman. Wir gemeinsam in ein Restaurant – hätte ich mir die Nudeln heute Nachmittag auch sparen können. Eine verrückte Geschichte führt dazu, dass ich einen Brokkoli geschenkt bekomme, den ich als meinen Weihnachtsbaum küre. Ich bestehe darauf, möglichst viel von der massiv übertriebenen Weihnachtsbeleuchtung zu sehen und so laufen wir gefühlt jede Ecke der Stadt ab. Es werden sogar sehr verkümmerte Tannenbäume verkauft, so ein krüppeliges Bäumchen würde ich mir niemals ins Zimmer stellen. Der Abend ist sehr lustig und die Zeit zum Schlafen bis meine Fähre nach Porto Santo geht ist doch etwas zu kurz.
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